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Konzept

Das Institut für Philosophie, Arbeitsbereich Geschichte der Philosophie, der Karl-Franzens-Universität Graz plant in Kollaboration mit der Kant-Gesellschaft in Mainz diese internationale Konferenz, mit dem expliziten Ziel, unterschiedliche Analysen und Interpretationen des Kantischen Begriffs der „Einheit des Bewusstseins“ sowie der damit verbundenen Begriffe der „Apperzeption“ und des „Ich denke“ zusammenzuführen und in ihrem Unterschied zu problematisieren.

Die Erörterung dieses Themas wird im Laufe von zwei Tagen (19. - 20. September 2014) auf der Textgrundlage der Deduktionen der Kategorien (KrV, A 84-130, B 116-169) und der Paralogismen der reinen Vernunft (KrV, A 341-405, B 399-432) im Meerscheinschlössl (Mozartgasse 3, 8010 Graz) stattfinden. An der Tagung werden 16 WissenschafterInnen aus Österreich, Deutschland, Kanada, Italien, Benelux, Spanien, und Norwegen teilnehmen.

Die Diskussion über diese zentrale Frage der kritischen Philosophie findet deswegen in Graz statt, weil hier seit einigen Semestern über Kant und über das Thema „Einheit des Bewusstseins“ in der Philosophie des 18. Jahrhunderts geforscht wird. Die Tagung versteht sich in diesem Sinne einerseits als Komponente der von Prof. Udo Thiel an der Universität Graz organisierten Arbeiten über Kant und über die Einheit des Bewusstseins im 18. Jahrhundert, andererseits als Teil der wissenschaftlichen und kulturellen Aktivitäten in Österreich, welche der Vorbereitung und Unterstützung der großen Internationalen Kant-Konferenz in Wien 2015 dienen sollen.

Inhaltliche Zusammenfassung

Die Tagung will einen neuen Beitrag zur Erforschung eines der wichtigsten und in den vergangenen Jahrhunderten am meisten debattierten Begriffe der Philosophie von Immanuel Kant (1724-1804) leisten, nämlich der „Einheit des Bewusstseins“.

Es wurde in der Vergangenheit und wird noch heute viel debattiert, ob das eigentliche Zentrum der Kritik der reinen Vernunft von Immanuel Kant in der Erkenntnistheorie der „Transzendentalen Analytik“ oder in der Metaphysikkritik der „Transzendentalen Dialektik“ liegt. Setzt man aber ins Zentrum einer philosophischen Auseinandersetzung der Kant-ForscherInnen den Begriff der „Einheit des Bewusstseins“, dann verliert auf einmal dieser Zweifel jede Bedeutung. Die „Einheit des Bewusstseins“ ist einerseits von zentraler Wichtigkeit für die Definition einer Theorie der Objektivität, wie Kant sie in der „Deduktion der Kategorien“ entwickelt. Die Einheit des Bewusstseins kann andererseits nur Thema einer Seelenlehre sein und wird daher von Kant in den, der rationalen Psychologie gewidmeten, Teilen der „Transzendentalen Dialektik“ thematisiert.

Unbestritten bleibt innerhalb der Kant-Forschung die Tatsache, dass die „Einheit des Bewusstseins“ von fundamentaler Bedeutung für das Verständnis der Kantischen Philosophie im Allgemeinen ist und dass es sich lohnt, diesen Begriff auf den unterschiedlichsten Ebenen seiner Entfaltung zu untersuchen.

Die drei Hauptziele dieser Konferenz bestehen diesbezüglich in der Erörterung und Darlegung des Begriffes der „Einheit des Bewusstseins“ in den (trennbaren, aber eng miteinander verbundenen) Kontexten (a) der Deduktion der Kategorien, (b) der Paralogismen der reinen Vernunft und (c) der Philosophie und Psychologie des 18. Jahrhunderts im Allgemeinen. Ein letztes Ziel der Tagung besteht (d) in der Erhellung der philosophischen Hintergründe, welche sich (in der Vergangenheit wie noch heute) auf der Basis der unterschiedlichen Auffassungen und Interpretationen dieses fundamentalen Begriffs der Philosophie Kants ergeben.

a        Will man den Begriff der „Einheit des Bewusstseins“ zusammen mit seinen vielen synonymischen oder halb-synonymischen Bezeichnungen betrachten („Apperzeption“, „Einheit der Apperzeption“, „Selbstbewusstsein“, „Ich“, „Ich denke“ usw.), dann ist man von Anfang an mit der Frage nach dem Sinn, der Form und den Inhalten der „Deduktion der Kategorien“ konfrontiert. Die Deduktion enthält die Feststellung der fundamentalen Legitimität gewisser Urteile, welche als notwendig gelten dürfen. Im § 13 der Kritik der reinen Vernunft nennt Kant „Die Erklärung der Art, wie sich Begriffe a priori auf Gegenstände beziehen können, die transzendentale Deduktion derselben“ (B 117/A 85). Keine andere Untersuchung der Kritik ist für Kant wichtiger als die Deduktion der reinen Verstandesbegriffe, denn von ihr hängt seine gesamte Theorie der Objektivität ab. In ihr sollen die objektive Gültigkeit und die erkenntniskonstitutive Bedeutung der reinen Denkfunktionen nachgewiesen werden, die Kant zuvor aus der Urteilstafel abgeleitet hat. Die Einheit des Bewusstseins gilt in diesem Kontext als letzter Grund bzw. als erstes Fundament der Gültigkeit der reinen Begriffe des Verstandes und hiermit als Ausgangspunkt der Kantischen Definition von Objekt. Die Einheit des Bewusstseins liefert die Definition der Kategorie. Sie wird im Akt des „Ich denke“ ausgedrückt und gilt für Kant als „der höchste Punkt, an dem man allen Verstandesgebrauch, selbst die ganze Logik, und, nach ihr, die Transzendental-Philosophie heften muß“ (B 134 Anm.).

b       Als formale Einheit des Denkens kann diese Einheit weder metaphysisch noch psychologisch vorgestellt oder erkannt werden. Sowohl die empirische als auch die rationale Psychologie, welche in unterschiedlicher Weise an die Selbsterkenntnis des denkenden Ichs zu gelangen hoffen, scheitern an diesem Versuch. Das Ich als Seelensubstanz kann zwar, da es sinnlich nicht gegeben wird, „gedacht“, nicht aber „erkannt“ werden. Innerhalb der systematisch nach der Tafel der Kategorien angeordneten „Paralogismen der reinen Vernunft“ thematisiert Kant das fundamentale und konstitutive Scheitern der Psychologie, das „Ich denke“ als die einfache Substanz der Seele zu definieren. Die Erarbeitung einer nach den letzten Resultaten der Forschung aktualisierten, zugleich aber möglichst umfassenden Rekonstruktion der Inhalte der „Paralogismen der reinen Vernunft“ gehört zu den Hauptzielen der Tagung.

c        Die Kantische Auffassung der Identität bzw. der Einheit der Apperzeption und des Selbstbewusstseins ist das Resultat einer langen und komplexen Entwicklung dieser Begriffe in der europäischen Geistesgeschichte der Frühaufklärung. Obwohl es schon vor der Neuzeit Auseinandersetzungen zu diesem Thema gab, rücken diese Begriffe erst im 17. und 18. Jahrhundert in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Kant rezipiert diese Tradition und integriert sie in sein kritisches Projekt. Eine Besonderheit dieser Konferenz liegt darin, dass neben Kants Auffassung der „Einheit des Bewusstseins“ auch eine Vielzahl anderer Philosophen berücksichtigt werden soll, welche die Kantische Philosophie in ihrer Entwicklung möglicherweise geprägt haben könnten.

d        Es ist nicht möglich, sich zu einem solch zentralen Thema wie dem der „Einheit des Bewusstseins“ bei Kant zu äußern, ohne zugleich einen allgemeinen Standpunkt zu dem Sinn und der Bedeutung der Philosophie Kants überhaupt einzunehmen. Das Thema fordert in dieser Hinsicht die Vortragenden zu einer nicht nur historischen, sondern auch philosophischen Konfrontation mit der eigenen Interpretation auf. Ein allgemeines Ziel der Konferenz ist es, solche philosophischen Unterschiede und Positionierungen in Zusammenhang mit der komplexen und sehr differenzierten Geschichte der Interpretationen der Philosophie Kants explizit zu machen.

 

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Kontakt

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Heinrichstrasse 33/Parterre 8010 Graz
Univ.-Prof. Dr.phil. Udo Thiel Telefon:+43 (0)316 380 - 2296
Fax:+43 (0)316 380 - 9707

Web:www.uni-graz.at/udo.thiel

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Heinrichstraße 26 (Institut für Philosophie) 8010 Graz
Dr.phil. Giuseppe Motta Telefon:+43 (0)316 380 - 2305

Web:www.giuseppemotta.com

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